Aus den Chroniken Vardenheîms
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Ich, Menagûr, ein treuer Diener Ohams, schreibe dies nun, da mein Leib schwach geworden und meine Seele sich in der Nähe Ohams wähnt.

Viele und zahlreiche Schlachten focht ich, als es galt, das Land dem Chaos zu entreißen und urbar zu machen und die Herzen der Menschen mit dem Geiste Ohams zu füllen, um sie den Fährnissen der Finsternis zu entreißen. Doch ich will nicht die zahlreichen Kreaturen des Bösen erwähnen, die ich erschlug noch deren zahlreiche menschliche Diener, deren Lippen ich für immer verschloß, um nie wieder deren gotteslästerlichen Worte hören zu müssen.

Badete ich in meiner Jugend in einem Meer von Blut, so beschied mir das Alter nun Gebrechen und Martern, die weit schlimmer sind, als ein Sterblicher sie für lange Zeit zu tragen vermöge.

Doch nun will ich euch erzählen, wie ich, Menagûr, ein tapferer Held vieler Kriege, in einem schier unglaublichen Kampf so verstümmelt wurde, auf daß meine Hand nie wieder ein Schwert führen konnte. Vorher jedoch will ich nun Oham danken, daß er sich mir gnädig erwies und mir und meinen Nachkommen eine derartige Huld erwiesen hat, wie sie kaum ein Sterblicher zuvor erhalten.

Ihr wisset ganz sicherlich, daß die Anhänger Ohams jeder Spur von Fäulnis und Verrottung unbarmherzig und unerbittlich folgen, um die Spuren jener verderbten Götter zu finden, die diese geschaffen haben. So entdeckte ich in den Ländern, die ich in einer großen Schlacht dem Feind abgenommen und im Namen Ohams unterworfen hatte, Spuren eines dunklen Kultes. Jahre verfolgte ich seine Anhänger; viele davon starben unter der Inquisition, ohne ein Wort preiszugeben; doch letztendlich fand ich einen, der zu sprechen gewillt war, und so entdeckte ich jenes unglückselige Tal, welches von Karach Angur, dem Gott der Finsternis und der Verderbtheit, beherrscht wurde.

Das Feuer meiner Truppen brannte heiß auf die Anhänger der Finsternis hernieder, als wir das Tal im Sturm nahmen. Doch diejenigen, deren Fäulnis nicht vom Feuer von der Erde getilgt werden konnte, scharten sich um ihren dunklen Herrscher, um ihn vor meinem Zorn zu bewahren. Doch seine Macht war groß, und viele meiner Mannen ließen ihr Leben, ohne den Feinden Wunden zu schlagen. Da trat ich hervor, das Schwert Alkacâr in den Händen und hieb die Anhänger des Verruchten zu Boden. Doch sieben Male traf mich die Faust der Verderbnis, und sieben schwärende Geschwüre trug ich davon, die mich meines Lebens nie mehr froh werden ließen. Doch dann rief ich: "Mit Oham vernichte ich die sterbenden Götter" und hieb solange auf Karach Angur ein, bis er seine sterbliche Form nicht mehr halten konnte und qualvoll verendete.

Ich hieß die verbleibenden vierzig Mann den Ort bewachen und suchte einen Hügel auf, um Oham zu danken. Und Oham sprach zu mir: "Siehe, Menagûr, du hast mir einen großen Dienst erwiesen, in dem du einen siechenden Gott vom Erdboden verbanntest. Ich werde dir dafür dieses Zepter überreichen; es soll dich und deine Getreuen auf diesem Hügel für immerdar vor den Klingen deiner Feinde schützen. Errichte eine Stadt und nimm deinen Wohnsitz hier; denn deine Aufgabe ist noch nicht erledigt. Denn nach einem Kreis der Sonne wird der Geschlagene wieder sein ekles Haupt erheben, um wieder zu wandeln auf der Erde. Jedes Jahr, solange bis Karach Angur sein endgültiges Schicksal erleidet, wirst du erneut gegen diesen kämpfen, um ihm seinen Weg auf die Erde zurück zu versperren. So wirst du als mein Ambant über die Länder herrschen, und auch nach deinem Tode für einen Tag im Jahr zurückkehren auf die Welt der Sterblichen, um deine Pflicht zu erfüllen. Gesegnet seist du, o Menagûr".

Ich dankte Oham, stieg den Hügel hinab zu meinen Mannen, und tat wie geheißen.

Ich erbaute die Stadt und nannte sie in der Sprache der Elben "Vardenheîm", das heißt Ort der Wacht, und kehrte wie geheißen am Jahrestag des Kampfes zurück, um meine Pflicht zu erfüllen.

Meinen Sohn lehrte ich den Gehorsam gegen Oham, und hieß ihn, einmal im Jahr, das Zepter, daß meine schwindende Seele aufnehmen würde, zum Orte des Kampfes zu tragen, damit ich meine Pflicht gegen Oham erfüllen könnte.

Dies sei aufgeschrieben, um nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, was damals geschah, und um die Sterblichen an den Gehorsam gegen die Götter zu gemahnen.

 

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