Baltopolis, Sommer 2004
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Tagebuch des Prof. Dr. Dr. Scalpello Bellanotte

19. Tag im 7. Mond 3135

Bin jetzt hier in Baltopolis als Gastdozent der hiesigen Heilergilde. Gildenvorsteher ist Chefheiler Hakim (eine ominöse Gestalt). Dann sind da noch Herr Tupolev (noch ominöser), Heiler Lazulis und das Fräulein Balea (beide nicht ganz so ominös). Na ja, wenigstens ist das Heilerzelt perfekt ausgerüstet, hier gibt's wirklich alles! Mit mir zusammen ist Alil Aklim Huk, die Minitauren-Kriegerin. Nachdem sie jemandem mit der Keule auf den Kopf gehauen hat, nennt sie bald keiner mehr K..(Kuh). Gemeinsam entdecken wir erst einmal die Stadt: Unser Quartier liegt am Rande der Mauer, in Nähe des großen Tores. Gegenüber, auf einem kleinen Hügel, liegt die Botschaft von Torrosh...na prima...angeblich ist der Gesandte ein Geist und die haben noch einen Mindflayer, Illithiden oder Gehirnsauger dabei. Ich werde ihn Signor Callamari nennen, das klingt Einheimischer.

Also nix wie weg und die Hauptstraße in Richtung Palast entlang. Unsere direkten Nachbarn entpuppen sich als Priesterinnen der Wellness und des Weihrauchgestützten Orakels. Sehr nette Damen, auch wenn es Tag und Nacht aus deren Zelt qualmt. Daneben liegt ein kleiner Tempel der Narhash, soll mir nur Recht sein, gelobet seien die Zwölf. Hernach geht es linker Hand hinab in's finstere Hafenviertel. Von oben kann ich eine Taverne mit Namen ‚Breitseite' erkennen und das großzügig angelegte Hotel Kuschmiertz bietet Gelegenheit von der Kneipe aus direkt in's bezahlte Bett zu fallen. Nun aber wieder zurück zum oberen Viertel: Hier dominiert das Lager der Familie Zupaiglese, die auch das luxuriöseste Lokal der Stadt betreiben. Hier gibt es zu Wucherpreisen lecker Essen, Cocktails und Musik. Schade, dieses Etablissement werde ich wohl nie von innen sehen... Nun aber hurtig weiter und linker Hand am Al Fayed's vorbei. Hm, wie das hier nach Pizza duftet. Lecker und günstig in entspannter Atmosphäre essen. Alil will gleich eine Pizza ‚ohne tot Tier', aber mit vegetarisch allem und viel extra scharf. So gestärkt erkunden wir noch Al Carton (die örtliche Zeitungsredaktion), hernach die Arena und Mors Rast (Küche für die Allgemeinheit). Also, verhungern muss in dieser Stadt wohl niemand. Wir drehen noch eine Runde durch das Schloss des Kalifen. Besonders hervorzuheben sind hier der große Turm und das kleine, aber exklusive Kaffeehaus der ‚heiteren Propheten'. Hier treffe ich auch meinen alten Freund Bum wieder, einen weitgereisten Mann und Krieger des alten Codex.

Es wird Abend und die Pflicht ruft: In der Stadt ist eine seltsame Seuche ausgebrochen, die sogenannte baltopolische Grippe (BSE). Symptome sind Schnupfen, Husten und Schüttelfrost. Hakim und ich beschließen nach kurzer Rücksprache eine konservative Therapie mit Tee, warmen Decken und Wärmepulver. Dies scheint anzuschlagen, jedoch sammeln sich immer mehr Kranke vor dem Heilerzelt. Oh Elend, eine Epidemie! Es scheint auch nur Reisende und Neuankömmlinge zu betreffen. Mittlerweile haben wir auch einen wissenschaftlichen Namen für das Phänomen: Virulenza Commercialis extrema! Mit diversen Heilmittelchen ausgerüstet patrouilliere ich die Stadt nach meldungsunwilligen Patienten. Im Al Fayeds treffe ich die Seefahrer um Kapitän Kotzejochen und da ist ein Röcheln und ein Niesen sonders gleichen. Während meiner notdürftigen Behandlung (die Matrosen weigern sich, in's Heilerzelt zu gehen) kommen wir in's Gespräch und obwohl es sich hierbei um Piraten und Halsabschneider handelt, kann ich mich einer gewissen Sympathie für die Burschen nicht erwehren.

20. Tag im 7. Mond

In der Nacht ist ein Unwetter über die Stadt gesunken, alles liegt im Morast. Dafür brennt jetzt schon wieder die unbarmherzige Sonne auf uns nieder. Grummelnd ziehe ich gen Frühstück in Mors Rast. "Geh nach Baltopolis, haben sie gesagt. Da ist ein angenehmes Klima, haben sie gesagt..." Aber nach Kaffee und Brötchen geht es mir besser und wir melden Alil bei der Söldnergilde an. Danach bin ich leider Pleite. Also muss eine Nebenbetätigung her und der Wesir rekrutiert mich alsdann als neuen Muezzin (eine Art sehr, sehr lautstarken Ausrufer), der mehrmals am Tag die Gläubigen zum Gebet an Al Wadi rufen soll. Perfekt, ich werde bestimmt reich! Während Alil einen Waffenmeister sucht, um ihre Durchschlagskraft zu verbessern, begebe ich mich zur Heilergilde. Da findet gerade ein Umzug statt: In der Nacht gab es ein Feuerchen in der großen Bibliothek und nach der alten Formel ‚Papyrus + Feuer = blöd' ist diese nun leerstehend. Hakim ist also gleich zum Makler hin und beansprucht das leerstehende Gebäude für die Heiler. Dummerweise stellt sich nach dem Umzug heraus, dass sich direkt unter uns die alte Ahnengruft befindet. Habe ich schon erwähnt, dass der Boden der alten Bibliothek recht durchlässig ist? Stellt Euch mal vor, da tropft Blut in besagte Gruft runter...TA-DAH! Hakim sieht das aber eher locker und der Eingang zur Gruft wird (nach Gerüchten über Mumien etc.) zugemauert.

Mittlerweile komme ich meiner Pflicht als Muezzin nach und es ist einfach toll: Da steht man vier Stockwerke über allem und singt ‚Al Wadi..Money, money, money' und alle lassen sich zu Boden fallen, da wo sie sind. Ich mache mir ein Vergnügen daraus und warte immer, bis eine Gruppe Gläubiger genau in einer Pfütze steht...sorry (Grrrins). Leider wird der Job schlecht bis gar nicht bezahlt und ich muss mir die Gebete durch Werbeeinlagen Sponsoren lassen. "Dieses Gebet wurde ihnen präsentiert vom Zupaiglese Mahal!" Irgendwie traurig. Alil kommt zurück und ist sauer: Die Arena wird renoviert! Keine Waffenprüfung also.

21. Tag im 7. Mond

Liebes Tagebuch -hicks-. War toll gestern Abend: Sissi, die Mama unseres geliebten Kalifen Al Ferdl, war mit uns inner Breitseite. Un sie hatte den goldenen Kreditstift der Stadt dabei. Freibier für alle. Es war schlimm, abber einer mußtete ja was gegen den Aloholmissbrauch tun, also habbe ich (in medizinisch vertretbarem Maße) das ganze Gift ausgetrunken. Aua, mein Schädel.

Die Ereignisse wenden sich auch nicht zum Besseren, als ich wieder nüchtern bin. Alil hat in der Breitseite noch gesungen, da stürmten ein paar rappende Zwerge mitsamt Fanclub den Laden und haben dazwischengefunkt. Da hab ich wohl einen von denen gehauen und just der stellte sich als jüngster Spross der Zupaiglese heraus. Mist. Sein Onkel (oder so) stellte mich auch gleich zur Rede und machte mir ein Angebot, dass ich nicht ablehnen konnte. Im Turm steht da so'ne Urne. Ist aber wohl gar keine, sondern ein Cocktailshaker (na wer's glaubt). Den braucht man angeblich, um den ‚Kalif Special' zu mixen und der Herr Zupaiglese hätte den wohl gerne. Aha. Komischerweise werde ich noch von DREI anderen Parteien darauf angesprochen. Leider kann ich das Ding nicht entwenden, da es irgendwie am Tisch festgewachsen oder -gezaubert ist. `schuldigung Jungs!

Bin übrigens immer noch pleite. Der Kalif ignoriert meinen frommen Wunsch nach Bezahlung. Huuuunger! Da habe ich die rettende Idee: Eine Lotterie! Also gleich mal Lose gemacht, die Ernennung zu Lotterieminister beim Kalifen eingeholt (er will 40% vom Gewinn) und schon bin ich mit der ‚Lustigen Glückslaterne des lachenden Kalifen' unterwegs. Das läuft auch Prima, die Lose werden mir nur so aus der Hand gerissen. Dummerweise zieht ausgerechnet ein Wesir den Hauptgewinn und irgendwie habe ich mich verkalkuliert, ich mache Minus. Schluchzend ziehe ich mich in eine stille Ecke zurück, als der Arenameister auftaucht und mir einen Schuldschein unter die Nase hält, der meinen Namen trägt. Danke, junger Mann, Du weißt wie man mich glücklich macht. Aber zu früh gefreut, ich bin nämlich angeblich der Schuldner. Ich vertröste der Mann und fliehe in's Hafenviertel. Nach einem kurzen Gespräch mit den Pira...äh Seefahrern werde ich spontan Schiffsarzt in spè und rudere aus dieser Stadt auf deren Schiff im Hafen. Ciao Baltopolis, Du Grausame!

 

 

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